8. Dezember – STRUKTUR

Ein Notquartier ist ein seltsamer Ort. Auf engstem Raum leben hier geflüchtete Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen, wahllos zusammengewürfelt, als hätte der Wind des großen Universums sie aus Versehen hierher getragen. Im September 2015 wurde in einem ehemaligen Kloster in unserer Nachbarschaft ein solches Notquartier eingerichtet. Es liegt so nahe, dass ich es von meinem Schlafzimmerfenster aus sehen kann. Ich bin neugierig, schaue vorbei und möchte mithelfen. Zum Betten überziehen habe ich aber keine Lust, und ich mag auch kein Geschirr abwaschen, viel lieber möchte ich mit den Menschen in Kontakt treten. Ich befestige Packpapier an einer Pinnwand und versuche ein paar Erwachsenen erste Brocken Deutsch beizubringen. Es ist laut, wir haben nur diesen einen großen Raum, Kinder schreien und streiten, manche wollen auf ihrem Handy Musik hören. Da taucht Anja plötzlich auf, eine junge Holländerin, sie schlägt mir vor, dass sie am Vormittag eine Kindergruppe macht, während ich etwas später die Erwachsenen unterrichte. Am nächsten Tag macht sie einen Plan, sortiert Spielzeug und bringt Struktur in den neuen Alltag der Menschen. Die Kinder laufen ihr schon entgegen, wenn sie den Raum betritt.

Weil Menschen immer wieder überraschen

#WirHabenPlatz #MutzurMenschlichkeit #KaraTepe